Peter Miniböck
Die
anderen Verwandlungen
Metamorphose Metempsychose Mimikry
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Es gelingt uns nur dann, die Welt empfindend
zu verstehen, wenn wir von uns - und nur von uns - ausgehen: W i r sind
die Kartause, in der wir unseren Glauben, unseren Glauben an das Wissen
um die Welt, unsere Vorstellungen, eingeschlossen finden. Die Unbehaglichkeit
über diese Situation und ihr Hinterfragen, geschieht fortwährend
und ist das Elixier unserer Existenz.
Birger Selim, einer, der gezwungen war, in einem hermetischen System
zu existieren, schreibt am 26.7.1991: „wie erlernt wichtiger erdenbürger
es die weiten strecken zu finden wenn er noch nie an einem erstrebten
ort war.“
Nur, es gelingt kaum, an die „erstrebten Orte“ zu gelangen; die Strecke
ist lang und mühsam. Das zu erkennen nur, scheint uns gegönnt.
Und was uns bleibt, sind die Momente der „Übergänge“, Augenblicke,
in denen es gelingt, die Bruchstellen zu überwinden: Indem wir
im Bewußtsein der GLEICHZEITIGKEIT von Seele und Gestalt, die
Orte des Geschehens verlassen, um die Entfernung vom HIER zum DORT mit
energischer Sehnsucht zu überwinden und anzukommen. Der Weg, die
Art und Weise des Reisens, ergibt sich manchmal wie von selbst: Sich
auf die ungeregelten Traumpfade der Hoffnung auf Erkenntnis zu begeben.
Als Baum, als Blume, als Stein, Tier, oder in menschlicher Gestalt.
Das Ägyptische Totenbuch offenbart uns dazu: (…) der Tote hat die
Fähigkeit, sich nach Wunsch (!!) in eine Lilie, einen Falken, einen
Widder, u.a., zu verwandeln. (…) eine freiwillige Metamorphose des Verstorbenen,
der am Tage das Grab verläßt, aber abends wieder in dieses
zurückkehrt.“
Hatte Kafka Kenntnis von den Darstellungen der Metamorphose des Ägyptischen
Totenbuches? Vielleicht hat Gregor Samsa durch seine Art der Verwandlung,
die Möglichkeit zur vollkommenen Metamorphose, die ja eine Metempsychose
ist, verloren. Er blieb er selbst. Und: er war nicht gestorben!
Müssen wir aber tot sein, um DORTHIN zu gelangen, oder haben uns
unsere „täglichen Verwandlungen“ zu genügen? Auf der Suche
nach der Transportmaschine sind wir selbst Apparat, vor Lust nach Erkenntnis
auf den Schienen dampfend; unbeweglich stehen wir da. Und bewegen uns
dennoch im erstarrten Stillsein. les.bar
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