Peter Miniböck

Die anderen Verwandlungen
Metamorphose Metempsychose Mimikry
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Es ist Vorsicht gebote
n vor der metamorphischen Natur. Dante stellt es im 15. Gesang (Hölle) seiner Göttlichen Komödie eindringlich dar: „Den Efeu sah man nie so im Vereine mit einem Baum, wie dieses garstige Tier gewunden um die fremden Glieder seine. (…). Wie sich die beiden Köpfe so verbanden, sah ich die zwei Gesichter untergehn in ein Gesicht, worin die zwei verschwanden."
Doch es gelingt uns nicht, davon abzulassen, die Ambivalenz der Natur ergründen zu wollen. Wir versuchen uns an Definitionen, an Vergleichen, an Metaphern, die Welt aber ist nicht vorhersehbar, sie ist ein deterministisches Chaos. Das Mandelbrot’sche Apfelmännchen bietet sich als Indiz an. Trotzdem glauben wir immer wieder, etwas zu erkennen und wiederholen doch nur diesen einen Moment des Suchens, diesen so hoffnungsvollen Schritt nach dem was wir vorne nennen, und finden uns alsbald am Ausgangspunkt unserer Nachdenklichkeit wieder. Nicht Betrachtung, Handeln scheint von uns gefordert zu sein.
Auch Paul Watzlawick hat formuliert, was Dante im 13.Gesang der Göttlichen Komödie beschreibt: „Ich glaube, daß er glaubte, daß ich glaube, die Töne kämen aus der Dickichts Ranken (Mandelbrot, A.d.V.), von Wesen, deren Anblick es uns raube. Drum sprach der Meister: " Brich jetzt ohne Wanken ein Zweiglein ab, von einem Baum gereicht, so kämest du auf andere Gedanken."
Brechen wir jedoch jenes „Zweiglein der Erkenntnis" ab, um die Ver-Wandlungen (sic!) der Bäume, mit unserem Willen nach Verstehen in Einklang zu bringen, erleben wir die immerwährende Enttäuschung: Ruhig vor den Bäumen stehend, sie betrachtend, vermögen wir doch nicht „sehend" zu werden, können deren Gestaltungsphilosophie, deren Aggregatzustände der Seins-Lust, nicht erkennen. Fest verwurzelt in der Welt sind sie Gestalt und Formation in einem, bilden Kostüme der Gemeinsamkeit und stecken dennoch fest im Kleid ihrer Eigenständigkeit.
Uns aber bleibt nur die Sehnsucht nach dem Erkennen der Metamorphosen der Welt, wie es Birger Selim, der Autist beschreibt: „gerne sequenzen finden, die keine reale realität widerspiegeln."

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