Peter Miniböck

Die anderen Verwandlungen
Metamorphose Metempsychose Mimikry
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Was uns zu schaffen macht, und deshalb besonders interessiert, ist die Bruchstelle, die die Innenwelt von der Außenwelt trennt, die Schnittstelle der Gleichzeitigkeit von Sein und Bewußt-Sein; Ort und Zustand zugleich. Es gelingt uns nicht, unsere Position zu verlassen: Gehen wir den Schritt nach vorne (oben, hinaus, hinweg, usw.), treten wir in die Metaphysik ein. Verharren wir im Sein (im Hier und Jetzt), bleibt uns lediglich die Logik mit ihrer von uns kreierten Gesetzmäßigkeit. Ambivalenz, als drittes mögliches Modell, führt uns direkt in die Psychopathologie.
So versuchen wir einen weiteren Weg zu beschreiten, um in den Zustand des Erkennens zu gelangen: den der Vorstellung. Doch auch in diesem Fall ist die ‚Technik‘ der Metempsychose und/oder Metamorphose nur Selbstbetrug, wie Professor Bernd Porr von der Universität Bochum ausführt: „Die Elementareinheit des Bewußtseins sind die sogenannten Vorstellungen. Das Bewußtsein gleitet so von Vorstellung zu Vorstellung und tut dies bis zum Tod des Organismus. Ob nun die Vorstellungen Sinneseindrücke oder Halluzinationen sind, ist hier völlig gleichgültig."
Wir stehen also hilflos da, glauben uns ‚normal‘, und haben dennoch zu akzeptieren, daß die ‚eingebildeten‘ Erlebnisse von Schizophrenen denselben Ursprung haben, wie unsere Erlebnis-Welt. Unser Drang, darüberhinaus zu gelangen, bleibt ungestillt. Die Methoden, mit denen wir es dennoch immer wieder versuchen, sind so alt wie die Menschheit: Verwandlung, Seelenwanderung, Anpassung/Nachahmung. Aber auch sie scheinen falsch zu sein, wie dem Hinweis Professor Porrs zu entnehmen ist: „ Durch die Geschlossenheit des Nervensystems hat das Bewußtsein selbst auch keine Chance, die Welt so zu sehen, wie sie ist (wenn es denn eine gibt). (…) Das bedeutet aber auch, daß jede Person ihre Welt anders sieht, da sie sie nicht in sich abbildet, sondern die Umwelt nur als Anstoß für die eigene Modellbildung benutzt."
Die Alternative, um die ‚Bruchstelle‘ zu überwinden, wäre demnach das Bekenntnis zur Haltung: ‚Ja, ich will ein inmich sein.‘

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